Der Holunder (Sambucus nigra)
Jetzt blüht er wieder, der Holunder, schwer liegt der Duft der Blüten in der Luft. Mich erinnert er immer an meine Kindheit. Geschützt durch das Laub unseres alten Holunderstrauches mit seinem knorrigen Stamm, habe ich mir unter seinem Laub eine Wohnhöhle eingerichtet und vor Blicken geschützt dort allerlei Zaubertränke zubereitet, mit Freundinnen Streiche ausgeheckt oder Kindersorgen ausgetauscht.
Der Holunder war für diese Zwecke genau der richtige Baum, denn es heißt, am Haus gewachsen, beschützt er seine Bewohner vor Krankheit und Unglück.
In Norddeutschland wird der Holunder auch Fliederbeere genannt, was mich immer irritiert, weil es zu gefährlichen Verwechslungen mit Flieder führen kann. Denn die Frucht des Flieders ist giftig und sollte auf keinen Fall in den Mund gesteckt werden um zu probieren, wie es schmeckt. Die schwarzen Beeren des Holunders hingegen sind roh zwar keine Köstlichkeit, aber immerhin gesund.
Anwendung in der Naturheilkunde
Neben den Beeren des Holunders werden in der Naturheilkunde auch Blüten, Rinde und Blätter eingesetzt.
Bei Erkältungskrankheiten und Fieber kann man einen Tee aus Holunderblüten bereiten, trinken und sich danach zum Schwitzen ins Bett legen. In der Erfahrungsheilkunde wird der Tee auch bei Rheuma oder Hautunreinheiten angewandt, da die Blüten eine harntreibende und blutreinigende Wirkung besitzen. Auch äußerlich kann der Tee zur Hautpflege verwendet werden. Die Beeren sind im Spätsommer/Frühherbst reif und enthalten viel Vitamin C. Ich sammle sie gerne und entsafte sie zusammen mit Apfelstücken. Im Winter, in der Erkältungszeit, trinken wir den Saft erhitzt, mit Honig gesüßt, zur Immunstärkung und im Krankheitsfall zur Unterstützung des Immunsystems.
Die Rinde wird eher selten in der Naturheilkunde frisch verwendet, da sie Calciumoxalat enthält und bei zu hoher Dosierung Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann. Dasselbe gilt für die Blätter, die aber rein äußerlich angewendet durchaus eine heilende Wirkung auf die Haut haben. Als Salbe oder Breiumschlag helfen sie bei Verstauchungen, Quetschungen oder Wunden.
Mythos Holunder
Alle kennen wir das Märchen von Frau Holle. Frau Holle kommt wohl aus dem heutigen Nordhessen, zumindest sind von dort die meisten Sagen von ihr überliefert. Schon Kelten und Germanen glaubten an Frau Holle als die Große Göttin, die im Frühjahr die Felder segnet, im Sommer das Korn reifen lässt und im Winter ihre Federbetten ausschüttelt und es ordentlich schneien lässt. Sie glaubten daran, dass im Holunder die guten Geister wohnten. So weihten sie der Großen Göttin den Holunderstrauch. Vermutlich lässt sich daraus der Name Frau Holle ableiten.
Zum Schutz von Haus und Hof wurde Holunder in der Nähe des Hauses gepflanzt. Solange die Menschen an Frau Holle glaubten, war es verboten, einen Holunder zu fällen oder zu beschädigen. Wer das tat, den verfolgten Krankheit und Tod. Wenn ein Holunderstrauch doch einmal gefällt werden musste, baten die Menschen den Holunder um Verzeihung.
In Schweden heisst es, dass man den Elfenkönig und sein Gefolge sehen kann, wenn man sich bei Sonnenuntergang in der Mittsommernacht unter einen Holunderbaum setzt.
Der Verzehr einer in Butter gebratenen Holunderblüte um 12 Uhr mittags am Johannistag (24. Juni) unter der Feueresse, dem Sitz der Hausgeister, galt als Maßnahme, um ein Jahr lang Fieber abzuwehren.
Wer das gerne einmal ausprobieren möchte, dem empfehle ich ein Rezept, das dem heutigen Geschmackssinn angepasst ist und durchaus auch an anderen Tagen zu anderen Zeiten lecker schmeckt:
Hollerküchlein
Hollerküchlein sind in Pfannkuchenteig ausgebackene frische Holunderblüten. Zunächst sammelst du Holunderblüten, pro Person zwei – nicht mehr. Die Blüten bieten Nahrung für Wildbienen und die reifen Beeren im Spätsommer werden von Amseln geliebt.
Du brauchst für die Küchlein für 4 Personen:
8 Holunderblüten, 125 g Mehl, 250 ml Milch, 1 Ei, 1 Prise Salz, Butter (oder Öl) zum Ausbacken, Puderzucker zum Bestäuben, Vanilleeis.
Die Holunderblüten abschütteln (darin sammeln sich gerne Käfer oder Ameisen) und kurz in Wasser tauchen, um Staub oder Dreck abzuspülen. Auf einem Küchentuch abtrocknen lassen. In der Zwischenzeit den Teig zubereiten.
Pfannkuchenteig:
Zutaten in einer Schüssel mit einem Schneebesen zu einem glatten, dünnflüssigen Teig verquirlen. Ca. 20 Minuten ruhen lassen.
Backen und anrichten:
Die Pfanne auf mittlere Hitze erwärmen, Butter oder Öl zerlassen. Jetzt die Holunderblüten in den Pfannkuchenteig tauchen und in die Pfanne legen. Etwa drei Minuten backen bis die Unterseite goldgelb wird. Wenden und weitere 2-3 Minuten backen. Die fertigen Hollerküchlein mit Puderzucker bestreuen und eine Kugel Vanilleeis dazulegen. Warm servieren.
Die Stengelchen sollten nicht mitgegessen werden!